Kommentar zur 6-Quartale-Voraus-Projektion

Prognose vom 24. Aug. 2025

Gesamteindruck: Das "Tal der Tränen", durch das die deutsche Wirtschaft geht, hat 2025 seinen Tiefpunkt. Der nominelle Zuwachs des durchschnittlichen monatlichen Pro-Kopf-Einkommens um 3,5 Prozent wird durch die Inflationsrate von 1,8 Prozent gedämpft. Der Konsum der privaten Haushalte stagniert und steigt erst 2026 wieder um 1,7 v.H. Die höchste Wachstumsrate der ins Gewicht fallenden realen Verwendungsaggregate des BIP im laufenden Jahr 2025 weist der Staatskonsum auf, gefolgt von den Importen. Immerhin, auch die Exporte nehmen ein wenig zu. Die im November 2023 geäußerte Hoffnung, dass die Inflation 2024 unter die Zwei-Prozent-Marke fallen könnte, wird sich 2025 erfüllen, der Jo-Jo-Effekt im folgenden Jahr aber auch.

Von der epidemiologischen Krise, der anfangs nur zögerlich bekämpften Inflation, den Sanktionen gegen Russland und der Unterstützung der Ukraine (und der Ukrainer und anderer Zuwanderer) sind klarerweise die Staatsfinanzen betroffen. Die Defizitquote des Staates ist 2024 auf 2,7 Prozent des BIP gestiegen. Die sog. Schuldenbremse ist von der "Ampel"-Regierung eingehalten worden. Sie wird 2025 von der neuen Regierung wahrscheinlich noch eingehalten, aber 2026 wird das nicht mehr der Fall sein.

Die Arbeitslosenzahlen steigen 2025 auf 2,9 Mio. und 2026 auf fast 3 Mio. Da die Erwerbstätigenzahlen um jeweils ca. 300.000 pro Jahr ansteigen, müsste sich diese Entwicklung in einer leichten Abnahme der Arbeitslosenquoten niederschlagen. Die zu erwartende Unterbeschäftigung kann man dem Verlauf der Phillipskurve entnehmen.

Die Rahmenbedingungen: Das Modell unterstellt im Prognosezeitraum einen leicht ansteigenden Dollarwert des Euro höher als 1,1 US-$ und geringer als 1,2 US-$. Der langfristige Zinssatz liegt bei 2,5 Prozent mit fallender Tendenz in Richtung 1,0 Prozent, und der Kurzfristzinssatz scheint sich auf 2 Prozent einzupendeln. Die Geldmenge M1 wächst nach einer kurzen Periode der Schrumpfung etwa genauso schnell wie vor der Pandemie, allerdings von einem abgesenkten Niveau ausgehend. Der Ölpreis schwankt um die 70 US-$ mit sinkender Tendenz.

Die Unsicherheit von Prognosen bei einer immer noch präsenten, aber kollektiv nicht mehr wahrgenommenen Pandemie, einer immer noch nicht stabilen Inflation von 2 Prozent und unter den Bedingungen eines heißen Krieges in Europa und im Nahen Osten ist kaum abzuschätzen. Hinzu kommen die Unsicherheiten, die mit dem Handelsstreit zwischen den USA und Europa verbunden sind.

Unsicherheit durch die Datenlage und durch Datenrevision: Die Daten wurden vom StBA teilweise bis 1991 zurückgehend revidiert, aber mit nur geringfügigen Änderungen. Das erforderte kaum Eingriffe in das zugrunde liegende Gleichungssystem des EMGQ. Die Bevölkerungszahl stellt nach wie vor einen weiteren Unsicherheitsfaktor dar, wird aber voraussichtlich durch die bislang kaum gebremste Zuwanderung weiter ansteigen. Die größte Unsicherheit besteht diesmal in der Umstellung des Modells auf einen längeren Stützbereich mit dem Ziel, das bislang zu beobachtende extreme prognostische Verhalten zu reduzieren - was zum Teil gelungen ist.

Kritik der Mai-Prognose: Der größte Fehler trat wieder bei der Bruttoinvestition auf, die mit 11 Mrd. (6,1 Prozent) unterschätzt worden ist. Überlegungen werden angestellt, ob und wie man die Prognosefehler nicht nur bei der Schätzung der Parameter, sondern auf bei der Produktion der Lösungskurven berücksichtigen kann.

Mit der aktuellen Prognose wird zum zweiten Male versucht, der Neigung zu extremen Prognosen durch Verlängerung des Stützbereiches zu Leibe zu rücken. Im Vorfeld der aktuellen Prognose ist die Abhängigkeit der Beschäftigtenzahl vom Wirtschaftswachstum durch Verstärkung der sozialen und demografischen Faktoren etwas reduziert worden. Nach wie vor basiert die Prognose u.a. auf der langfristigen Welthandels-Prognose des IMF.

Eine exakte Angabe der Prognosefehler, die für das gerade abgelaufene Quartal aufgrund der inzwischen vorliegenden Daten ermittelt werden können, findet man wie gewöhnlich unter Vierteljährige Prognosefehler.

Ein umfaßenders Bild der auf Jahreszahlen bezogenen Prognosegenauigkeit des EMGE liefert die Tabelle bisherige Prognosen.

Anläße für Skepsis gegenüber der Prognose? Nach einer aktiven Zeit von ca. 18 Jahren (die erste Prognose wurde am 2.3.2007 veröffentlicht) hat das EMGE bei den Hauptaggregaten eine hohe Genauigkeit der Ex-post-Prognosen, die in "ruhigen Zeiten" zum Teil deutlich und dauerhaft unter einem Prozentpunkt lagen, und eine gute Plausibilität bei den meisten Simulationsergebnissen und Echt-Prognosen erreicht. Angesichts der sicherlich notwendigen, aber für den Prognostiker problematischen, zum Teil berächtlichen nachträglichen Änderungen in den Daten und angesichts der zugrunde liegenden Methodik eines regressionsgestützten Modells kann grundsätzlich nicht angenommen werden, daß mit der Stabilisierung der Strukturen eines empirisch ständig justierten Modells irgendeine Art von Sicherheit bei den Prognosen erreicht werden könnte. Aus diesem Grund wird auch keinerlei Garantie für das Zutreffen der Prognosen gegeben. Hinzu kommt, daß die Wirtschaft kein autonomes System ist, sondern durch Ereignisse und Entscheidungen aller Art von seiner "natürlichen" Entwicklung abgelenkt werden kann.

Kommentar vom 24. Aug. 2025


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