Forschungsseminar
Politik und
Wirtschaft
Sitzungsprotokoll
Datum: 27.
April 2017
Beginn: 17.15
Uhr
Ende: 18.50
Uhr
Ort: Grimmaische Str. 12.,
SR. 12
Protokoll: G.
Quaas
Anwesende: Hans-Gert
Gräbe; Friedrun Quaas; Georg Quaas; Richard
Scholz
Entschuldigt: Arglist,
Fehlberg, Müller
Tagesordnung:
Keynes‘ Propensity to Consume
ad TOP 1:
·
Diskutiert
wurden die im Anhang wiedergegebenen Textstellen. Vorwegnehmende
Interpretationen von GQ in [].
·
Die
verwendete deutsche Übersetzung hat den gravierenden Mangel, dass sie „consumption“ oft mit „Verbrauch“ übersetzt. Ein Vergleich
mit dem Original zeigt, dass mit „Verbrauch“ immer „consumption“
gemeint ist.
·
Keynes
betrachtet im Buch 3 eine geschlossene Volkswirtschaft und definiert das Einkommen
und die Investition als Nettogrößen. Die entsprechende Formel würde lauten: Yn = C + In. Die Bezugnahme auf
Lohneinheiten ist eine Möglichkeit, um Realgrößen darzustellen.
·
Es wird
herausgearbeitet, dass Keynes‘ mathematische Darstellung der Konsumfunktion –
seiner verbalen Beschreibung entsprechend – wie eine Engel-Kurve aussehen
müsste.
·
Keynes
springt ständig zwischen Mikro- und Makroebene hin und her.
·
Der Text
belegt, dass die erörterten Veränderungen des Einkommens und des Konsums
zeitlich zu interpretieren sind.
·
Eine
wichtige Erkenntnis bestand darin, dass der dargestellte Effekt des Zinssatzes auf
den Konsum, vermittelt über die Investition, auch dann existieren würde, wenn
man die Konsumfunktion – so wie heute üblich – durch eine lineare Gleichung
annähert.
·
Zur
Formulierung der „propensity to
consume“ wird sowohl der Differenzenquotient als auch
die erste Ableitung verwendet.
·
Zur
Fortsetzung der Diskussion gab es keine Meinungsäußerung.
Anhang
„Verbrauch – um das Selbstverständliche zu wiederholen – ist das einzige Ziel und der einzige Zweck aller wirtschaftlichen Tätigkeit. Die Beschäftigungsgelegenheiten sind notwendigerweise durch die Größe der gesamten Nachfrage begrenzt.“ (89)
„Da wir hier mit der Bestimmung der Summe beschäftigt sind,
die für den Verbrauch ausgegeben wird, wenn die Beschäftigung auf einem
gegebenen Niveau ist, sollten wir, genau genommen, die Funktion betrachten, die
jene (C) mit dieser (N) verbindet. Es ist jedoch zweckmäßiger, mit einer etwas
verschiedenen Funktion zu arbeiten, nämlich der Funktion, die den Verbrauch, in
Lohneinheiten (Cw) gemessen, mit dem
Einkommen, in Lohneinheiten (Yw) gemessen,
verbindet, die einem Beschäftigungsniveau N entspricht. .. im allgemeinen ist die Annahme, dass Yw
einzigartig durch N bestimmt wird, eine gute Annäherung. Wir werden daher das,
was wir den Hang zum Verbrauch nennen werden, als die funktionelle Beziehung zwischen Yw, einem gegebenen Niveau des Einkommens in
Lohneinheiten gemessen, und Cw, der Ausgabe
für den Verbrauch aus diesem Einkommensniveau, definieren, so dass
oder
Der Betrag, den das Gemeinwesen für den Verbrauch ausgibt, stützt sich offenbar: 1. Teilweise auf den Betrag seines Einkommens, 2. Teilweise auf die anderen objektiven Begleitumstände und 3. Teilweise auf die subjektiven Bedürfnisse und Gewohnheiten der Einzelnen, welche die Gesamtheit bilden, und die Grundsätze, nach denen das Einkommen unter ihnen verteilt wird…“ (77-78)
Die hauptsächlichen objektiven Faktoren sind:
„1. Eine Änderung in der Lohneinheit“ „2. Eine Änderung im Unterschied zwischen Einkommen und Reineinkommen“ [verfügbares Einkommen] „3. …Änderungen in Kapitalwerten“ „4. Änderungen in der Rate der Zeitdiskontierung“ [im Wesentlichen der Zinsfuß „5. Änderungen in der Steuerpolitik“ „6. Änderungen in den Erwartungen“ über das zukünftige Einkommen. (79-82)
Die meisten Determinanten sind von untergeordneter Bedeutung. „Es bleibt uns daher nur der Schluss übrig, dass der Hang zum Verbrauch in einem gegebenen Zustand als eine ziemlich stabile Funktion betrachtet werden kann, sofern wir Änderungen in der Lohneinheit, in Geld gemessen, ausgeschaltet haben.“ (82)
Subjektive Determinanten sind Vorsicht, Voraussicht, Berechnung, Verbesserung, Unabhängigkeit, Unternehmungslust, Stolz, Geiz (92-93).
„Das grundlegende technische Gesetz, auf das wir uns von
vornherein sowohl aufgrund unserer Kenntnis der menschlichen Natur als auch der
einzelnen Erfahrungstatsachen mit großer Zuversicht stützen dürfen, ist, dass
die Menschen in der Regel und im Durchschnitt geneigt sind, ihren Verbrauch mit
der Zunahme in ihrem Einkommen zu vermehren, aber nicht in vollem Maße dieser
Zunahme. Das heißt, wenn Cw der Betrag des
Verbrauchs ist und Yw
das Einkommen (beide in Lohneinheiten gemessen), hat das gleiche Vorzeichen
wie
, ist aber kleiner als
, das heißt
ist positiv und
weniger als die Einheit.“ (83)
„Das bedeutet, dass, wenn die Beschäftigung und folglich das gesamte Einkommen zunimmt, nicht alle zusätzliche Beschäftigung zur Befriedigung der Bedürfnisse zusätzlichen Verbrauchs benötigt werden.“
[Der Überhang ist die Ersparnis. In einer geschlossenen Volkswirtschaft muss sie investiert werden…]
„Dieser einfache Grundsatz führt … zum gleichen Schluss wie vorher, dass nämlich die Beschäftigung nur im gleichen Schritt mit einer Zunahme in der Investition zunehmen kann; es sei denn, dass sich der Hang zum Verbrauch ändert. Da nämlich die Verbraucher bei einer Zunahme der Beschäftigung weniger als die Zunahme des gesamten Angebotspreises ausgeben werden, wird die vermehrte Beschäftigung unlohnend sein, wenn nicht die Investition zunimmt, um die Lücke zu füllen.“ (84)
Die Ersparnis ist bei Keynes Geldersparnis. Die Investition absorbiert es.
„In den Vereinigten Staaten zum Beispiel hatte die rapide Kapitalausdehnung der vorhergehenden fünf Jahre 1929 in so hohem Maße zur Anhäufung von Rücklagen für die Tilgung von Schulden und Abschreibungen in bezug auf keinen Ersatz benötigende Betriebsanlagen geführt, dass eine ungeheure Menge völlig neuer Investition nötig war, um lediglich diese finanzielle Vorsorge zu absorbieren und es fast hoffnungslos wurde, noch mehr neue Investition in genügendem Maß zu finden…“ (86)
„Der Einfluss von Änderungen im Zinsfuß auf den tatsächlich ersparten Betrag ist von allerhöchster Bedeutung, aber in der umgekehrten Richtung, als gewöhnlich angenommen wird. Denn selbst wenn die Anziehungskraft des sich aus einem höheren Zinsfuß ergebenden größeren zukünftigen Einkommens die Wirkung hat, den Hang zum Verbrauch zu verringern, können wir trotzdem sicher sein, dass ein Steigen des Zinsfußes eine Abnahme des tatsächlich gesparten Betrages zur Folge haben wird. Denn die Gesamtersparnis wird durch die gesamte Investition beherrscht; ein Steigen des Zinsfußes (sofern es nicht durch eine entsprechende Änderung in der Nachfragetabelle der Investition aufgehoben wird), wird die Investition verringern; ein Steigen des Zinsfußes muss somit die Wirkung haben, das Einkommen auf ein Niveau hinunterzudrücken, bei dem Ersparnis im gleichen Maße wie Investition verringert wird.“ (94-95)