Forschungsseminar

„Politik und Wirtschaft“

 

 

Protokoll zur Sitzung vom 23. April 2015

 

Beginn:           17.15 Uhr

Ende:              19.00 Uhr

Ort:                 Grimmaische Str. 12.,  SR 12

Protokoll:        F. Quaas

 

Anwesende:    Arglist, Felix; Dück, Joseph; Fehlberg, Frank; Köster, Robert;

Quaas, Friedrun; Quaas, Georg; Scholz, Richard

 

Entschuldigt:  Arndt, Christian; Feiler, Stefan; Fluhrer, Bruno;

Melch, Simon; Müller, Karsten         

 

                       

Tagesordnung:

TOP 1: Protokoll vom 9.4.2015

TOP 2: Weitere Termine, u.a. Angebot von Hans-Gert Gräbe

TOP 3: Thomas Piketty: „Das Kapital im 21. Jahrhundert“, Diskussion der Einleitung und der Kapitel 1 und 2

TOP 4: Weitere Vorgehensweise

 

ad TOP 1:

Das Protokoll wird ohne Einwände zur Veröffentlichung bestätigt

 

ad TOP 2:                  

Das Vortragsangebot von Hans-Gert Gräbe „Arbeitswerttheorie und Reproduktionsmatrizen“ wird gern angenommen. Es wird um eventuelle Textvorlagen zur Erläuterung der zugesandten Folien gebeten. G. Quaas wird mit H.-G. Gräbe einen Termin für den Vortrag vereinbaren.

 

ad TOP 3:

Die Diskussion dreht sich (chronologisch) um die folgenden Punkte:

·         G.Q. wirf  die Frage auf, ob dem Hauptstrang der Argumentation von Piketty ein modelltheoretischer Rahmen zu Grunde liegt. F.F. verortet Piketty diesbezüglich im neoklassischen Modell, konkret im Wachstumsmodell der neoklassischen Produktionsfunktion nach Solow. Darauf weise insbesondere seine kapitalzentrierte Herangehensweise hin. Es entsteht damit die paradoxe Situation, dass Piketty die Sprache der Neoklassik für seine eigentlich klassische Frage des Verteilungskonflikts (zwischen Kapital und Arbeit) benutzt. Die neoklassische Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung verharmlost diesen klassischen Konflikt (F.Q.). R.S. verweist darauf, dass neoklassisch inspirierte Aussagen von Piketty, die nicht belegt werden, sich ohnehin der Kritik entziehen würden. R.K. erinnert an den Adressatenkreis des Buches und lenkt die Aufmerksamkeit auf die Suche nach einer bei Piketty zu suchenden zentralen Frage. R.S. vermutet eher einen grundlegenden Widerspruch.

·         Das von Piketty so genannte erste grundlegende Gesetz des Kapitalismus (a = r x ß) wird ausführlich diskutiert. Dass dieses Gesetz eine Tautologie ist (wie Piketty selbst konzediert), zeigt G.Q. durch eine mathematische Umformulierung. Wieso sollte eine Tautologie ein grundlegendes Gesetz des Kapitalismus darstellen? Wenn es ein historisches Gesetz ist und für alle Gesellschaften gilt, wird der Kapitalismus naturgesetzlich begründet (F.F.). Da analytische Zusammenhänge wie der zwischen den Größen Kapital-Einkommensverhältnis, Rendite auf Kapital und Anteil des Kapitaleinkommens am Nationaleinkommen keinerlei kausale Zusammenhänge vermitteln, lässt es an der Sinnhaftigkeit zweifeln, diesen als ein grundlegendes Gesetz zu stilisieren (F.Q.).

·         R.S. greift die von Piketty konstruierten Glockenkurven der Wachstumsraten (Bevölkerung und Produktion) als einen fingierten empirischen Beleg an. R.K. verweist auf die Grundlage, nämlich Schätzwerte von Maddison. Obwohl Piketty selbst die Schätzungen von Maddison als unsicher bezeichnet, benutzt er sie. R.S. bemängelt insbesondere die schlechte Prognostik und die Stauchung der Glockenkurve als Mogelpackung. Während G.Q. sich von Piketty überzeugen ließ, dass Wachstum begrenzt ist (was der Prognostik der Glockenkurve entspricht), fragt R.S., warum nicht auch eine Wiederholung von Wachstumswellen denkbar sei und demonstriert seine Überlegungen an einem Tafelbild. In diesem Kontext werden Quellen des Wachstums gesucht und mit Investitionen und Wissen kontrovers dikutiert.

·         Zentraler Diskussionspunkt ist Pikettys „Zauberformel“ r > g. In einer an der Tafel vorgeführten mathematischen Ableitung, die G.Q. den Teilnehmern des Seminars gesondert zur Verfügung stellen wird, konnte gezeigt werden, dass es sich auch bei diesem Zusammenhang um eine „Binsenweisheit“ handelt, die immer gilt, jedenfalls solange man im Rahmen der neoklassischen Theorie bleibt. Piketty, der Verteilungskonflikte gerade nicht mit der neoklassischen Brille, sondern als klassisches Problem behandeln will (F.Q.), erklärt mit seinem grundlegenden Zusammenhang  r > g letztlich nur ein Phänomen, das bereits durch die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion von 1928 erfasst ist (G.Q.).

 

 

ad TOP 4:

In der Sitzung am 7.5. wird R. Scholz Ergänzungen zu den Globalen IO-Tabellen vorstellen. Unabhängig davon sind zur Sitzung die Kapitel 3 und 4 des Piketty-Buches zu lesen und zur Diskussion aufzubereiten.