Protokoll der 6. Sitzung im WS 2014/15 am 15.01.2015

 

Beginn: 17.15 Uhr

Ende: 18.50 Uhr

Ort: WiFa Grimmaische Sr. 12, SR 12

Protokoll: F. Fehlberg

 

Anwesende: Arglist, Felix; Arndt, Christian; Dück, Joseph; Fehlberg, Frank; Feiler, Stefan; Köster, Robert; Müller, Karsten; Nikolaus, Sören; Thieme, Sebastian; Quaas, Friedrun; Quaas, Georg; Scholz, Richard

 

Entschuldigt: Melch, Simon

 

TOP 1 – Protokollbestätigung

 

Das Protokoll der 4. Sitzung am 04.12.2014 (Vortrag Fehlberg, Protokoll Dück) wurde mit einigen Änderungen bzw. Korrekturen (Fehlberg, G. Quaas) bestätigt. Das Protokoll der 5. Sitzung am 18.12.2014 (Vortrag Köster, Protokoll Arndt) wurde ohne Anmerkungen bestätigt.

 

TOP 2 – Vortrag und Diskussion

 

Joseph Dück: Lobbyismus und Philanthropie (Vorhaben Masterarbeit)

 

Herr Dück hat den Anwesenden vor der Sitzung eine mögliche Gliederung und einen Textauszug über die Bertelsmann-Stiftung zur Kenntnis gegeben. Hauptgegenstand seiner Masterarbeit sei die „sozioökonomische Einflussnahme“ von eigens zu diesem Zweck gegründeten Organisationen. Dabei geht es ihm neben dem klassischen Lobbyismus um dessen Motivlagen zwischen Altruismus und Philanthropie. Als Beispiel einer solchen Verbindung führt Dück die Open Society Foundations von George Soros an. Der durch Währungsspekulation bekannt gewordene Soros habe das Gesellschaftsmodell der „offenen Gesellschaft“ von Karl R. Popper zur Grundlage seiner Stiftungstätigkeit gemacht.

 

Herr Scholz vermisst in den Äußerungen und vorgelegten Dokumenten eine zentrale Forschungsfrage. Dück möchte die organisierte „Gesellschaftsbeeinflussung“ hinsichtlich ihrer Wirkung auf die „Gesellschaftsveränderung“ untersuchen. Herr Müller stellt die Fraglichkeit des Begriffs der Philanthropie heraus, den er bspw. nicht mit der Bertelsmann-Stiftung in Verbindung bringe. Dück räumt die Ambivalenz des Begriffs in seinem Forschungszusammenhang ein und nennt als weiteres Beispiel die Bill-&-Melinda-Gates-Stiftung. Während Herr Nikolaus den Begriff vor allem mit US-Stiftungen verbindet, stellt Herr Thieme die Frage, ob die Philanthropie wissenschaftlich begründet und damit die Motivlage der genannten Stifter relativiert werden kann.

 

Herr Quaas fragt, in welches Forschungsgebiet der Ökonomik die Masterarbeit einzuordnen sei. Nachdem Frau Quaas die Institutionenökonomik anführt, spitzt Herr Quaas seine Frage dahingehend zu, welche Methodik in der Arbeit zu Anwendung kommen soll. Herr Arglist bringt das Stichwort „Case Studies“ ins Gespräch. Dück führt aus, es gehe ihm auch um die Offenlegung von Netzwerkstrukturen von fraglichen Organisationen. Thieme verortet den nötigen Ansatz der Arbeit im interdisziplinären Bereich zwischen Soziologie und Ökonomik. Er schlägt etwa die Annäherung über die kulturtheoretische „Performativity“ sowie die Akteur-Netzwerk-Theorie von Bruno Latour vor. Nikolaus sieht dagegen durch die thematische Berührung der sozialen Machtfrage eine starke Nähe zur Politikwissenschaft gegeben.

 

Frau Quaas möchte das Vorhaben von Dück durch die Diskussion nicht in die falsche Richtung gedrängt sehen. Sie sieht den Ansatz der Case Studies als sehr fruchtbar an, es ginge um den ökonomischen Einfluss, weniger um Machtfragen, ein induktives Vorgehen sei angeraten. Scholz knüpft an seine Eingangsfrage an und erkundigt sich nach dem ursprünglichen Forschungsinteresse und der Zielsetzung von Dück. Dieser präzisiert seine erste Antwort: Zum einen solle die Funktionsweise der verschiedenen Organisationen, zum anderen deren Wirkung sowie hier insbesondere die Rolle von Philanthropie im Fokus stehen. Eine quantitative Studie schließt Dück auf Nachfrage von Nikolaus aus Gründen des Aufwands und des begrenzten Rahmens der Arbeit aus.

 

In der Diskussion über die theoretische Grundlegung der Arbeit zeichnet sich ein Schwerpunkt ab. Köster, Arglist und Scholz betonen die Bedeutung der theoretischen Verankerung der Arbeit vor ihrem Vollzug in Fallbeispielen, wobei Herr Quaas zu Bedenken gibt, dass die Theoriewahl nicht die Fallwahl bestimmen dürfe. Dück verweist auf den Zusammenhang zwischen Popper und Soros. Scholz und Nikolaus sehen aber hier nicht den theoretischen Rahmen der Arbeit, sondern einen Teil des Untersuchungsgegenstands vorliegen. Thieme schlägt vor, die Masterarbeit als ausbaufähige Vorarbeit zu betrachten und sich etwa an einer Klassifikation von Organisationen zu versuchen.

 

Herr Quaas erläutert die methodischen Erfordernisse einer Klassifikation und verwirft daher den letzten Vorschlag. Er schlägt die Konzentration auf eine Fallstudie (Bertelsmann) vor und deutet die Möglichkeit einer historischen Betrachtung im Sinne der Evolutorik an. Als er Dück bezüglich der Philanthropie auf das Beispiel der „Ärzte ohne Grenzen“ anspricht, kommt die Diskussion erneut auf diesen unscharfen Begriff. Frau Quaas reduziert den Begriff im Forschungszusammenhang auf die deutsche Übersetzung „Gemeinnützigkeit“, hier sei also lediglich ein rechtlicher Hintergrund zu klären.

 

Anhand der von Dück angedeuteten Einordnung der Fallstudien entbrennt eine Debatte um Klassifikationsmöglichkeiten. Herr Quaas hebt die unbedingte Trennschärfe einer möglichen Klassifikation im Vorfeld der Studie hervor und verwirft eine solche deshalb für das Vorhaben. Frau Quaas wendet ein, eine Klassifikation könne der Autor im Forschungsvorgang doch erst entwickeln. Thieme vertritt ebenfalls den Ansatz, dass eine Klassifikation ohne ausdifferenzierten theoretischen Überbau möglich sei. Köster stellt noch einmal die nötige Präzisierung der Forschungsfrage in den Mittelpunkt.

 

Als ein wesentliches Ergebnis der Diskussion um sein Vorhaben begreift Dück die inhaltliche Konzentration auf eine bzw. wenige Fallstudien und die geschichtliche Entwicklung ausgewählter Organisationen.

 

Eine Klassifikation stellte sich in der Diskussion als zu aufwendig und nicht zielführend heraus. Die theoretische Verankerung der Arbeit muss dagegen einem interdisziplinären Ansatz zwischen Ökonomik, Soziologie und Politikwissenschaft genügen. Zunächst ist jedoch eine deutlichere Ausformulierung der Forschungsfrage die dringlichste Aufgabe.